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Von Einzelunternehmer zur GmbH: Wann lohnt sich der Wechsel?

Juni 27, 2025

Die Entscheidung, von einem Einzelunternehmen zu einer GmbH zu wechseln, ist eine der wichtigsten strategischen Weichenstellungen im Unternehmerdasein. In Österreich stehen derzeit über 300.000 Einzelunternehmer vor dieser fundamentalen Frage, die sowohl steuerliche als auch haftungsrechtliche Dimensionen umfasst. Mit den jüngsten Steuerreformen 2025 haben sich die Rahmenbedingungen erneut verschoben und bieten neue Gestaltungsmöglichkeiten für wachsende Unternehmen.

Einzelunternehmer vs. GmbH: Die grundlegenden Unterschiede

Rechtliche Struktur und Haftung

Ein Einzelunternehmen ist rechtlich nicht von seinem Inhaber getrennt – der Unternehmer haftet mit seinem gesamten Vermögen, einschließlich seines Privatvermögens, für alle Unternehmensverbindlichkeiten. Diese unbeschränkte Haftung stellt das größte Risiko dar, besonders bei kapitalintensiven Geschäftsmodellen oder hohen Haftungsrisiken.

Die GmbH hingegen ist eine eigenständige juristische Person mit beschränkter Haftung . Das Haftungsrisiko der Gesellschafter ist grundsätzlich auf das Gesellschaftsvermögen und die Stammeinlage begrenzt . Allerdings existieren Ausnahmen, etwa bei grober Fahrlässigkeit oder Verletzung von Geschäftsführerpflichten.

Steuerliche Behandlung

Einzelunternehmer unterliegen der progressiven Einkommensteuer, die 2025 zwischen 0% und 55% (bei Einkommen über 1 Million Euro) liegt . GmbHs zahlen einen linearen Körperschaftsteuersatz von 23% auf ihren Gewinn . Bei Gewinnausschüttungen fällt zusätzlich 27,5% Kapitalertragsteuer an.

Buchführungs- und Meldepflichten

Einzelunternehmer können bis zu einem Umsatz von 700.000 Euro die vereinfachte Einnahmen-Überschuss-Rechnung anwenden. Ab dieser Schwelle wird die doppelte Buchführung verpflichtend. GmbHs müssen grundsätzlich doppelt Buch führen und unterliegen strengeren Dokumentations- und Offenlegungspflichten.

Gestapelte Münzen vor einer Uhr symbolisieren steuerliche Schwellenwerte und Zeitfaktoren beim Wechsel von Einzelunternehmer zur GmbH in Österreich

Steuerliche Schwellenwerte: Wann wird der Wechsel interessant?

Die 700.000 Euro Schwelle

Der kritische Wendepunkt liegt bei 700.000 Euro Jahresumsatz . Ab dieser Grenze wird die Rechnungslegungspflicht nach UGB ausgelöst, was zusätzliche administrative Belastungen mit sich bringt . Gleichzeitig beginnt in diesem Bereich die steuerliche Attraktivität einer GmbH zu steigen.

Gewinnhöhe als Entscheidungsfaktor

Bei einem Jahresgewinn ab etwa 80.000-100.000 Euro wird die GmbH-Struktur steuerlich interessant. Der lineare Körperschaftsteuersatz von 23% liegt dann unter dem progressiven Einkommensteuersatz, der bei diesen Gewinnhöhen bereits 48% betragen kann.

Steuerbelastungsvergleich bei verschiedenen Gewinnhöhen:

JahresgewinnEinzelunternehmer (ESt)GmbH (KöSt + KESt bei Ausschüttung)Ersparnis
50.000 €34,48%44,18%-9,7%
100.000 €45,97%44,18%+1,79%
200.000 €48,40%44,18%+4,22%
500.000 €50,00%44,18%+5,82%

Haftungsrisiken minimieren: Der entscheidende Vorteil der GmbH

Persönliche Haftung des Einzelunternehmers

Die größte Belastung für Einzelunternehmer ist die unbeschränkte persönliche Haftung . Diese umfasst nicht nur das Betriebsvermögen, sondern auch das gesamte Privatvermögen des Unternehmers. Bei größeren Investitionen, Krediten oder haftungsintensiven Geschäftstätigkeiten kann dies existenzbedrohende Risiken mit sich bringen.

Haftungsbeschränkung in der GmbH

Die GmbH bietet eine klare Haftungsbegrenzung auf das Gesellschaftsvermögen . Das Mindestkapital von 35.000 Euro (davon 17.500 Euro eingezahlt) bildet die Grundlage für diese Haftungsbeschränkung . Gesellschafter haften grundsätzlich nur mit ihrer Stammeinlage.

Ausnahmen von der Haftungsbeschränkung

Wichtige Ausnahmen bestehen bei:

  • Grober Fahrlässigkeit oder vorsätzlichem Handeln
  • Verletzung von Geschäftsführerpflichten
  • Nichtzahlung von Steuern und Sozialabgaben
  • Verbindlichkeiten vor der offiziellen Gründung

Branchenspezifische Haftungsrisiken

Besonders in folgenden Bereichen ist die Haftungsbeschränkung von großer Bedeutung:

  • Baugewerbe und Handwerk
  • Beratungsdienstleistungen
  • Medizinische und therapeutische Berufe
  • IT-Dienstleistungen und Software-Entwicklung

Gewinnverteilungsstrategien und Steueroptimierung

Thesaurierung vs. Ausschüttung

Eine der größten Stärken der GmbH liegt in der flexiblen Gewinnverwendung . Gewinne können in der Gesellschaft thesauriert (zurückbehalten) werden, ohne dass sie beim Gesellschafter sofort der Einkommensteuer unterliegen . Dies ermöglicht eine zeitliche Steuergestaltung und Reinvestition zu niedrigeren Steuersätzen.

Optimale Ausschüttungsstrategien

Vollausschüttung: Bei sofortiger Vollausschüttung ergibt sich eine Gesamtsteuerbelastung von 44,18% (23% KöSt + 27,5% KESt auf den Restbetrag).

Teilausschüttung: Durch gestaffelte Ausschüttungen über mehrere Jahre kann die persönliche Steuerbelastung des Gesellschafters optimiert werden, besonders wenn dieser andere Einkunftsarten hat.

Gehaltsbezug als Geschäftsführer: Die Kombination aus Geschäftsführergehalt und Gewinnausschüttung ermöglicht eine weitere Optimierung der Gesamtsteuerbelastung.

Reinvestitionsstrategien

Thesaurierte Gewinne können für betriebliche Investitionen verwendet werden, die als Betriebsausgaben steuerlich absetzbar sind. Dies führt zu einer effektiven Steuerersparnis gegenüber der Privatentnahme bei Einzelunternehmern.

Der Umgründungsprozess: Steuerneutral von Einzelunternehmer zur GmbH

Rechtliche Grundlagen

Die Umgründung eines Einzelunternehmens in eine GmbH ist nach dem Umgründungssteuergesetz (UmgrStG) grundsätzlich steuerneutral möglich . Dies bedeutet, dass keine Besteuerung der stillen Reserven zum Zeitpunkt der Umgründung erfolgt.

Voraussetzungen für die Steuerneutralität

Für die steuerneutrale Umgründung müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Übertragung des gesamten Betriebs oder selbständiger Betriebsteile
  • Fortführung der Tätigkeit in der GmbH
  • Einhaltung der Buchwertfortführung
  • Sperrfrist für Veräußerungen

Ablauf der Umgründung

Phase 1: Vorbereitung

  • Unternehmensbewertung und Due Diligence
  • Erstellung des Gesellschaftsvertrags
  • Kapitalaufbringung und Bankformalitäten

Phase 2: Umsetzung

  • Notarielle Beurkundung der Gründung
  • Firmenbucheintragung
  • Gewerbeanmeldung und behördliche Formalitäten

Phase 3: Nachbearbeitung

  • Übertragung von Verträgen und Lizenzen
  • Information von Kunden und Lieferanten
  • Steuerliche Anmeldungen und Erstmeldungen

Kosten der Umgründung

Die Gesamtkosten einer Umgründung belaufen sich typischerweise auf 3.500-7.500 Euro:

KostenfaktorBetrag
Gesellschaftsvertrag (Notar/RA)1.500-3.000 €
Firmenbucheintragung260 €
Stammkapital35.000 € (davon 17.500 € eingezahlt)
Beratungskosten1.500-4.000 €
Sonstige Gebühren200-500 €

Quelle: WKO Gründungskosten-Übersicht

Grünes Balkendiagramm auf schwarzem Hintergrund zeigt die Kosten-Nutzen-Analyse und finanzielle Entwicklung beim Wechsel von Einzelunternehmer zur GmbH

Kosten-Nutzen-Analyse: Wann rechnet sich der Wechsel?

Jährliche Mehrkosten einer GmbH

Steuerberatungskosten: GmbHs verursachen durch die komplexere Buchführung und Berichtspflichten jährliche Mehrkosten von etwa 2.000-5.000 Euro.

Verwaltungsaufwand: Gesellschafterversammlungen, Jahresabschlüsse und Firmenbuchveröffentlichungen verursachen zusätzlichen administrativen Aufwand.

Break-Even-Berechnung

Bei einem Jahresgewinn von 100.000 Euro ergeben sich folgende jährliche Steuerersparnisse:

  • Steuerersparnis: ca. 1.790 Euro
  • Mehrkosten: ca. 3.000 Euro
  • Nettobelastung: ca. 1.210 Euro

Ab einem Jahresgewinn von etwa 150.000 Euro wird die GmbH-Struktur typischerweise wirtschaftlich vorteilhaft.

Langfristige Vorteile

Nachfolgeplanung: GmbH-Anteile lassen sich einfacher übertragen als Einzelunternehmen.

Investorengewinnung: Die GmbH-Struktur erleichtert die Aufnahme von Investoren oder Geschäftspartnern.

Kreditwürdigkeit: Banken bewerten GmbHs oft positiver als Einzelunternehmen.

Praxisbeispiel

Ein IT-Consultant mit einem Jahresgewinn von 120.000 Euro gründete 2024 eine GmbH um. Die jährliche Steuerersparnis beträgt etwa 3.600 Euro, was die Mehrkosten der GmbH-Verwaltung von 3.000 Euro übersteigt.

Vorher (Einzelunternehmer):

  • Einkommensteuer: 45.970 Euro (38,31%)
  • Nettogewinn: 74.030 Euro

Nachher (GmbH mit Vollausschüttung):

  • Körperschaftsteuer: 27.600 Euro (23%)
  • Kapitalertragsteuer: 25.410 Euro (27,5% von 92.400 Euro)
  • Nettoausschüttung: 67.000 Euro
  • Steuerersparnis: 3.600 Euro jährlich

Häufig gestellte Fragen zur Umgründung

Ab welcher Gewinnhöhe lohnt sich die Umgründung zur GmbH?
Die Umgründung wird typischerweise ab einem Jahresgewinn von 80.000-100.000 Euro steuerlich interessant. Ab 150.000 Euro Gewinn überwiegen die Vorteile deutlich die Mehrkosten einer GmbH.

Kann ich mein Einzelunternehmen steuerneutral in eine GmbH umwandeln?
Ja, nach dem Umgründungssteuergesetz ist eine steuerneutrale Einbringung möglich, wenn der gesamte Betrieb oder selbständige Betriebsteile übertragen werden und bestimmte Voraussetzungen eingehalten werden.

Welche Kosten entstehen bei der Umgründung?
Die Gesamtkosten belaufen sich typischerweise auf 3.500-7.500 Euro zzgl. des Stammkapitals von 35.000 Euro (davon 17.500 Euro eingezahlt).

Wie lange dauert die Umgründung?
Der gesamte Prozess dauert in der Regel 6-10 Wochen, von der Vorbereitung bis zur vollständigen Eintragung im Firmenbuch.

Was passiert mit meinen bestehenden Verträgen?
Verträge müssen einzeln auf die neue GmbH übertragen werden. Dies erfordert die Zustimmung der Vertragspartner oder entsprechende Vertragsklauseln.

Bin ich als GmbH-Geschäftsführer persönlich haftbar?
Grundsätzlich nicht, außer bei grober Fahrlässigkeit, Verletzung von Geschäftsführerpflichten oder Nichtzahlung von Steuern und Sozialabgaben.

Wie wirkt sich die Umgründung auf meine Sozialversicherung aus?
Als GmbH-Geschäftsführer werden Sie in der Regel ASVG-pflichtig versichert, was höhere Sozialversicherungsbeiträge, aber auch bessere Leistungen bedeuten kann.